Flasche leer

(ab 14) Uraufführung 2001, Stendal

Flasche leer ist ein seit Jahren viel­gespiel­tes Stück über den Umgang mit Alkohol. Es entstand als Auftrags­werk für das Theater der Altmark Stendal. 2002 wurde die Stendaler Insze­nie­rung beim Festival Theater im Klassen­zimmer gezeigt. Dr. Gerd Taube, Leiter des Kinder- und Jugend­theater­zentrums, notierte über diese Aufführung:

Wir sitzen nun zwischen den Schülern einer Mittel­schule, vertrock­nete Topf­pflanzen und lose herab­hängende Gardinen­reste sind das Ambiente für die Insze­nie­rung Flasche leer von Thilo Reffert, die vom Theater der Altmark Stendal in der Regie von Markus Dietze gezeigt wird. Die Tür wird auf­ge­ris­sen und jemand stößt einen jungen Mann ins Zimmer, der sich zunächst dagegen wehrt und dann vor der Klasse steht und wieder­holt, er wolle hier kein Theater spielen. Mit dieser Insze­nie­rung thema­ti­siert das Theater in der Schule das Theater.

Der Schauspieler David Aschinger (die Figur in diesem Ein­personen-Stück wird gespielt von dem Schau­spieler Norbert Mesmer) soll ein Stück mit dem Titel Flasche leer spielen. Er hat als Requisit eine Plastik­flasche, in der sich, der Theater­konvention gemäß, schwarzer Tee als Whisky-Ersatz befindet. Er erzählt von der Rolle, die er in dem Stück spielen soll: Knut, ein Alko­ho­li­ker. Er ver­sichert öfter, dass er bald anfangen wird, das Stück zu spielen, aber immer wieder kommt er auf seine eigenen Erfahr­ungen mit dem Alkohol zu sprechen. Er erzählt, teils von Knut, teils von sich, die Geschichte einer sich immer rasanter ent­wickeln­den Trinker-Karriere.

Bald wird klar, dass er das Stück nie spielen wird, dass wir bereits mitten­drin in dem Stück sind, dass wir ein Stück über ein nicht gespiel­tes Stück sehen. Bald ahnt man ebenso, dass sich in der ver­meint­lichen Tee­flasche wohl doch Whisky befindet, denn Aschinger wird immer red­seliger und seine Bewe­gungen, vorher genau kon­trol­liert, werden öfter fahrig und unkon­trol­liert. Gegen Ende fordert er das Publikum auf, bei dem folgenden theater­päda­go­gischen Gespräch zu sagen, er hätte das Stück gespielt. Er orga­ni­siert dafür wider­sprüch­liche Aussagen, indem er Teilen des Publikums Antworten auf die Fragen »Hat er das Stück gespielt?« und »War Tee oder Whisky in der Flasche?« zuteilt, um die Antworten authen­tischer wirken zu lassen.

Das Stück, speziell für den Einsatz im Klassen­zimmer geschrie­ben, geht auf die Konven­ti­onen ein, mit denen ein Schau­spieler im Klassen­zimmer kon­fron­tiert wird. Die Botschaft des Anti­alkoho­lis­mus wird eher nebenbei trans­por­tiert, der Zuschauer hat Spaß daran, die Windungen und Wendungen dieses Mannes zu beob­achten. Nachdem man ihn durch­schaut, gewinnt man mehr und mehr Lust daran, dem Raffi­ne­ment des Stückes zu folgen und sich auf diese Geschichte einer wegen Trunken­heit aus­ge­fal­lenen Theater­vorstel­lung ein­zu­lassen, bei der man dennoch die ganze Zeit über eine Theater­vorstellung erlebt.